66. Bundesparteitag der FDP in Berlin.

Von Wolfram Bölte (Photos&Text)

Im folgenden Berichte ich ein wenig über den dreitägigen 66. Bundesparteitag in Berlin. Manche Dinge betone ich, manche lasse ich weg. Eben meine Sicht auf die Dinge. Die ersten beiden Absätze habe ich direkt am Freitag Abend geschrieben. Die darauf folgenden Zeilen am Sonntag und Montag.

Rudi Rentschler beim 66. FDP Bundesparteitag

Rudi Rentschler bewies German Mut mit seiner Kampfkandidatur gegen Holger Zastrow

Der erste Tag ist vorbei. 10.30 Uhr bis 22.30 Uhr in der Station. Es gab unterm Strich keine Überraschungen. Interessant waren vor allem die Kampfabstimmungen in denen Underdogs involiert waren. Bei Albert Duin, dem Landesvorsitzenden aus Bayern war es zwei mal recht knapp. Er kandidierte u.a. gegen Marie Agnes Strack-Zimmermann auf einen Platz im Präsidium. Rudi Rentschler hat nur 18% gegen Zastrow geholt, was mich dann im dieser Klarheit doch gewundert hat. Auch wenn man ihn des Öfteren belächelt ist er im Grunde beliebter als Zastrow aus Sachsen. Darüber hinaus, Rentschler bewies den German Mut, den Christian Lindner einforderte. Er hat sich selbst vorgeschlagen, mit 27 Unterstützern aus dem Delegiertenkreis. Weil er eben nicht wollte, dass Zastrow keinen Gegenkandidaten hat.

Explizit aufgeregt hat mich das zum Teil wirklich unprofessionell handelnde Tagespräsidium. Es wurden Geschäftsordnungsanträge des Öfteren übersehen, bei eigentlich klar geregelten Vorgehensweisen wurde Schlingerkurs gefahren. Klar, das Tagespräsidium war neu besetzt. Ich als Delegierter wünsche mir aber nun mal eins, dass das Präsidium die GO des Bundestages genau beachtet und auch immer einen Blick aufs Plenum hat.

Nicht vergessen zu erwähnen darf man, dass die 25€ Umlage in schriftlicher Abstimmung mit über 90% deutliche Zustimmung bekommen hat. Somit wurde die Satzung geändert und die Abstimmung, von der Christian Lindner sagte, dass ihm dort ein gutes Ergebnis wichtiger sei als bei seiner Wiederwahl, ist so ausgegangen wie eigentlich alle erwarteten. Ich persönlich bin froh über dieses Ergebnis. Die Wahlkämpfe in Bremen und Hamburg waren top, das neue Corporate Design der Partei finde ich gut … unter’m Strich gefällt mir das, was die Agentur Heimat für uns macht, sehr.

Was mich störte: Viele Delegierte haben schon vor Ende des Parteitages am Freitag die Station verlassen. Gerade am ersten Tag für mich ein Unding. Wir werden dafür gewählt, dass wir dort sind. Wir repräsentieren unsere Kollegen von Zuhause. Ich gehe auch nicht einfach bei einer Stadtvorstandssitzung raus, weil mich das Thema nicht interessiert. Ich wünsche mir mehr Tagungsdisziplin.

German Mut zu eigenständigen Entscheidungen

Samstag wurde  zum einen viel gewählt. Welch Wunder, auf einem Wahlparteitag. Aber es wurde zum anderen, mit einer stabilen Rede von Christian Lindner, der Leitantrag des Bundesvorstandes eingebracht. Auch wenn es Rentschler nicht mochte, die FDP spricht sich jetzt (wieder) für eine Flat Tax aus. Eine Idee, die auf der einen Seite gerecht ist, weil alle den gleichen Prozentsatz zahlen, wie etwa bei der Mehrwertsteuer, aber deshalb auch, gerade bei geringeren Einkommen den einzelnen mehr belasten kann. Wenn jemand 20.000€ verdient und es einen Freibetrag von 10.000 gibt, dann zahlt man eben 2.500€ steuern, bei einer Flat Tax von 25%. Wobei jemand der 100.000 Euro verdient 22.500€ Steuern zahlen würde. Wenn man sich jetzt anschaut was beiden Steuerzahlern zum Leben bleibt, dann kann einem schon der Gedanke kommen, ob eine Flat Tax besonders gerecht ist. Sie macht den Staat allerdings schlanker und das ist gut.

Etwas irritiert hat mich das schnelle Vorrücken von Lencke Steiner in den Bundesvorstand. Klar, gutes Wahlergebnis in Bremen, aber ebenso klar: Sie ist auch erst ultra-kurz in der Partei. Ihr sympathisches „Moin“ ist eines, dass der Partei sicherlich gut zu Gesicht steht, doch wissen wir noch nicht, wie sie mit dem Alltag in der Partei klarkommt. Es ist ja durchaus denkbar, dass ihr das nicht gefällt und sie hinwirft. Genau so denkbar ist es aber, dass sie eine feste Größe auf Bundesebene wird. Ihr Vorstandsposten ist mit vielen Vorschusslorbeeren Versehen. Ihre Kandidatur kann man quasi als German Mut zum „machen“ statt „Bedenken tragen“ sehen. Ich bin gespannt wie sie sich entwickelt.

Sonntag stand vor allem im Zeichen des „Cannabis-Antrags“ und des Antrags zu einer liberalen Asylpolitik. Die Antragsberatung zum viel diskutierten Thema „geregelte Freigabe von Cannabis“ verlief sehr fair. Wobei anzumerken ist, dass wesentlich mehr Fürsprecher als Gegner der Freigabe das Rednerpult aufsuchten. Verwundert hat mich der Debattenbeitrag von Dr. Papke, der nicht nur eine sehr konservative Sichtweise auf Cannabis vortrug, sondern auch darauf verwies, dass die FDP eine staatstragende Partei der Mitte der Bevölkerung ist. Staatstragend? Hab ich etwas verpasst?

Freigabe von Cannabis & liberale Asylpolitik

Der Antrag ging mit 62% pro Freigabe durch. Und das nicht, weil wir so viele Kiffer unter den Delegierten haben, sondern weil die „pro“ Argumente schlüssig sind. Nämlich z.b. Entlastung der Strafvollzugsbehörden und Austrocknung des Schwarzmarktes. Von der jetzigen Anti-Cannabis Politik profitieren nämlich vor allem Dealer und Drogenkartelle.

Stolz bin ich auch auf den Antrag zur Asylpolitik. Asylsuchende sollen schnell arbeiten und somit an der Gesellschaft teilhaben können. Das Asylsuchende eher auf der faulen haut liegen möchten, denn zu arbeiten, das ist eine Mär und wird den oft gut ausgebildeten Asylsuchenden nicht gerecht.  

Was mir darüber hinaus aufgefallen ist und was ich etwas schade fand: Mein Landesvorsitzender hat sich kaum bei „seinen“ Delegierten blicken lassen. Ja, Lindner ist auch Bundesvorsitzender und war gern gesehener Gesprächspartner bei der Presse. Aber er ist eben auch mein Landesvorsitzender von dem ich auch Wertschätzung seiner Kollegen erwarte. Morgens mal durch die Reihen gehen und Guten Morgen sagen, etwa.

Soweit zu meiner Berichterstattung über den 66. Bundesparteitag. Der nächste wird übrigens in einem Jahr stattfinden. Wieder in Berlin, wieder in der Station. Ich werde dort sein. Denn unter’m Strich merkt man, dass sich die Partei langsam aber stetig erneuert. Das gefällt mir. Ein neuer Parteiauftritt ist schnell beschlossen und in Auftrag gegeben, aber ein mutiges neues Auftreten, das muss man schon selber schaffen.

Zum Schluss möchte ich noch auf zwei weiterführende Links verweisen.

Die Storify Seite vom FDP Parteitag kann ich jedem empfehlen. Dort wurden vor allem Tweets, aber auch andere Inhalte des Parteitags gesammelt und publiziert.

Ein schöner, unpolitischer Blick auf den BPT kommt von der Seite W&V!


20. Mai 2015

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