Rückschau auf den 68. Bundesparteitag der FDP

(von Wolfram Bölte)

Vom 28. bis zum 30. April fand der 68. Bundesparteitag der FDP in der Station Berlin statt. An dem Ort, an dem aus Kostengründen, alle großen Parteitage der FDP seit dem Ausscheiden aus dem Bundestag stattfanden.

Ich erinnere mich noch gut an den Parteitag nach der Wahlniederlage 2013. Es gab keine Personenschützer mehr im Raum – die Delegierten waren nicht mehr durch Sicherheitsleute von den Gästen getrennt, es wurden APO Anstecker fürs Rever verteilt, es gab kein großes Catering, dafür aber Döner und Club-Mate. Und weil wir nun bundespolitisch außerparlamentarische Opposition waren (und momentan ja auch noch sind), haben wir Beschlüsse im quasi luftleeren Raum gemacht.

Das war dieses Mal anders. Die Zeichen stehen gut für einen Wiedereinzug in den Bundestag im September. Wir haben mehr als beachtlich bei den Landtagswahlen in Schleswig Holstein und bei uns in NRW abgeschnitten. Das kommt nicht von ungefähr. Es wurde in der APO-Zeit inhaltlich intensiv gearbeitet und wir haben, mit manchmal knappen, manchmal deutlichen Entscheidungen, uns auf ein Programm geupdatet, dass unter gesellschaftlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zum Hier und jetzt passt. 

Manche mögen eine Bejahung der “Homo-Ehe”, das Streben nach einer Legalisierung von Cannabis und der Abschaffung von Ladenschlusszeiten als gesellschaftliche Randthemen betiteln, aber genau daran sieht man doch wie es um die Geisteshaltung der Partei steht. Natürlich sind wir immer noch für eine Abschaffung des Solis und wir haben auch immer noch eine hohe Wirtschaftskompetenz, das bildet sich auch überdeutlich im Wahlprogramm ab. Doch für mich sind es oft die vermeintlichen Randthemen, die viel mehr über das Selbstverständnis einer Partei aussagen.

Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang für mich die Zustimmung zu einer allgemeinen Impfpflicht. Weil in diesem Bekenntnis etwas drin steckt, was der FDP gut zu Gesicht steht: Die Schwächsten beschützt man nicht, in dem man die Starken nach Gutdünken entscheiden lässt.

Rudi Rentschler/FDPBPT

Ich kann mir gar keinen Bundesparteitag mehr vorstellen ohne Wortmeldungen von Rudi Rentschler.

Zwei der großen, auch in die Leitmedien durchgedrungenen Themen, waren das Bekenntnis zum Doppelpass und zu einem umfassenden Einwanderungsgesetz, dass wir wirklich immer noch nicht haben. Dabei ist es doch, abseits der Flüchtlingssituation, nur logisch, dass wir anhand eines Katalogs entscheiden möchten, wen wir in unserer Gesellschaft auf Dauer willkommen heißen wollen.

Als typische Klientelpartei lehnen wir natürlich auch ein pauschales Verbot von Versandapotheken ab. Äh, wie bitte? Das bedeutet doch eine Liberalisierung des Marktes. Genau, deswegen sind wir dafür. Versandhandel mit Medikamenten muss in Deutschland möglich sein. Aber natürlich vor dem Hintergrund, dass ein flächendeckendes Netz an Apotheken erhalten bleibt. Kurz gesagt: Konkurrenz ja, aber nur unter Absicherung der notwendigen Grundversorgung. Ich persönlich finde, da könnte auch noch mehr gehen. In meinem letzten Italienurlaub hatten Apotheken z.B. auch Automaten im Aussenbereich, wo man sich nicht verschreibungspflichtige Medikamente kaufen konnte. Auch kann ich nicht nachvollziehen, warum ich Produkte wie Tabletten gegen Sodbrennen nicht in einer Drogerie kaufen kann, sondern dafür extra eine Apotheke aufsuchen muss.

Es wurde nicht nur programmatisch gearbeitet, sondern es standen auch Personalwahlen an. Die verliefen aber im Großen und Ganzen ohne Überraschungen, so dass ich mir in diesem Beitrag die Berichterstattung darüber spare und lieber auf die entsprechende Seite der Funktionsträger der Bundes-FDP verlinke.

„Wer Soziale Marktwirtschaft, Rechtsstaatlichkeit und Toleranz will, der wählt die FDP.“

In den Medien wird die FDP momentan gerne als Christian Lindner One-Man-Show (+ Kubicki) bezeichnet. Wie falsch dieser Titel ist sieht man sehr gut, wenn man sich die ausgeprägten Themendebatten auf den Bundesparteitagen anguckt, so auch auf diesem. Die Rednerinnen und Redner auf dem Podium und an den Saalmikros geben, meiner Meinung nach, einen wunderbaren Einblick in die Vielfalt der Partei. Es gab hitzige Diskussionen, geführt von ganz jung bis Burkhard Hirsch und Klaus von Lindeiner. Und in diesen Debatten hat sich Lindner nur ein einziges Mal eingebracht. Das war bei einem Änderungsantrag von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Konstantin Kuhle und Anderen, die dafür waren, dass sich die FDP dafür aussprechen sollte abgelehnte Asylbewerber nicht mehr nach Afghanistan abzuschieben. Lindner argumentierte gegen den Änderungsantrag und somit für die Beibehaltung der Abschiebepraxis nach Afghanistan. Der Änderungsantrag wurde mit knapper Mehrheit abgelehnt.

Sitzungsdisziplin ist auch so eine Sache, die ich erwähnen möchte. Dass am Ende des Parteitags weniger als 2/3 der Delegierten vor Ort sind, bzw. deren Stimmrechte ausgeübt werden, empfinde ich als der Sache nicht dienlich. Ja, wir haben uns zum einen wegen der Personalwahlen (Vorstand, Präsidium, etc.) getroffen, aber zum anderen auch um ein Wahlprogramm für die Bundestagswahl zu beschließen. Wenn wir wollen, dass wir für unsere Inhalte gewählt werden, dann müssen die Delegierten Tagungsdisziplin zeigen und unter anderem durch Anwesendheit glänzen. Das sind wir auch unseren eigenen Heimatverbänden schuldig, die uns zum Bundesparteitag entsandt haben.

Zur inhaltlichen Nachlese gibt es natürlich alle Beschlüsse des 68. Bundesparteitages online als PDF.

Seit 2009, als ich zum ersten Mal für das Europaparlament kandidierte, war ich Delegierter für die Bundesparteitage der FDP. Es war mir eine Ehre, die Paderborner Freien Demokraten auf diesen wichtigen Versammlungen vertreten zu dürfen.


15. Mai 2017

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